A100 /A115 Umbau des Autobahndreieckes Funkturm in Berlin – erfolgreicher Bürgerprotest

  • Autobahndreieck Funkturm Stand 2019; ©DEGES
  • Geplanter Umbau
  • Alternative Planungsvariante Stand April 2020; ©DEGES
  • Überdeckelung A 100 Bereich Knobelsdorff-/Kaiserdammbrücke; Bildnachweis: Nürnberger Luftbild, Hajo Dietz
  • Lageplan A 100 Bereich Knobelsdorff- / Kaiserdammbrücke; https://www.openstreetmap.org/copyright
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Das Anfang der 60er Jahre gebaute Autobahndreieck Funkturm für eine Verkehrsbelastung von ca. 20.000 Kfz/d muss nun mehr als 230.000 Kfz/d aufnehmen, darunter 12.000 schwere Lkw. Das Autobahndreieck Funkturm gehört bundesweit zu den verkehrsintensivsten Knotenpunkten. Hier kreuzen sich der Nord-Süd-Verkehr (A100 Stadtring und Avus) und der Ost-West-Verkehr (Heerstraße- Masurenallee /Kantstraße und Kaiserdamm). Da die Überführungsrampen und Brückenbauwerke nicht für die heutigen Verkehrsmengen ausgelegt sind, ist ein Umbau dringend erforderlich.

Altersbedingt und durch die hohe Verkehrsbelastung sind 25 Brücken beschädigt und müssen erneuert werden, 29 weitere Brücken sind in einem kritischen Zustand.

Kontinuierliche Wartungen, Instandhaltungen und Sanierungen führen seit Jahren immer wieder zu temporären Sperrungen, Tages- und Wanderbaustellen, Verkehrseinschränkungen und Staus zum dauernden Ärgernis der Verkehrsteilnehmer.

Der Senat von Berlin beauftragte daher 2017 die DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs und -bau GmbH in Berlin mit der Planung, Baurechtschaffung und Umbau des Autobahnkreuzes.

Problematisch aufgrund der hohen Verkehrsbelastung sind die drei kurz hintereinander folgenden Anschlussstellen für die Ausfahrten Kaiserdamm Süd, Messedamm und Kurfürstendamm. Um die Verkehrsführung besser zu organisieren sollen die Ein- und Ausfahrten neu geordnet werden.

Die ersten Planungsalternativen für die Umgestaltung des Dreiecks wurden im Herbst 2019 der Senatsverwaltung, dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, den Verbänden und den Anwohnerinnen und Anwohnern vorgestellt.

Die „Vorzugsvariante mit der „A115 in Mittellage“ wird künftig mittig über das Gelände des Avus-Rasthofes führen. Der Rasthof wird geschlossen, die entfallenden LKW-Stellplätze werden dem Parkplatz Parforceheide an der A115 zugeordnet.

Die ersten Pläne der Senatsverwaltung wurden Ende Oktober 2019 vorgestellt: eine Reduzierung der bisher 7 Ein- und Ausfahrten auf 2 dafür eine neue Anschlussstelle am Messedamm / Ecke Jaffeestraße – Waldschulallee sowie die Höherlegung der Avus um 4,50 Meter inklusive 8 Meter hohe Lärmschutzwände.

Insbesondere die neue Verbindung zwischen der Avus und dem Messgelände in Höhe der Waldschulallee und Jafféstraße stieß auf heftige Kritik des Bezirksamtes und der Anwohnervereine Eichkamp, Heerstraße und Klausener Platz.

Der Siedlerverein Eickamp befürchtet eine Steigerung der innerstädtischen Verkehre verbunden mit einem höheren Unfallrisiko sowie eine Abschirmung der Einfamilienhäuser der Siedlungen Eichkamp und Heerstraße.

Der Bezirksbürgermeister Charlottenburg-Wilmersdorf wirbt mit Zustimmung des Siedlervereins für eine Verlegung der Ausfahrt von der Waldschulallee nördlich der Avus-Tribüne in Richtung Messehalle 7 sowie um die Reduzierung der Geschwindigkeit auf der Stadtautobahn von 80 auf zumindest 60 Stundenkilometer.

Nach Ansicht des Vorsitzenden des Arbeitskreises Verkehr und Umwelt des Siedlervereins Eichkamp, Herr Frank von Moers, bestand bisher eine mangelnde Diskussionsbereitschaft der DEGES. Erst nach der ersten Demonstration im Herbst 2019 habe der Siedlerverein den Eindruck gewonnen mehr Gehör bei den zuständigen Berliner Verwaltungen und der DEGES zu finden. Daher habe man verstärkt mit der Öffentlichkeitsarbeit begonnen und eine entsprechende Arbeitsgruppe sowie einen Internetauftritt „Umbau Funkturm.de“ zur kontinuierlichen Information über den aktuellen Stand der Bearbeitung eingerichtet.

Ende Februar 2020 fand die erste Themenwerkstatt der DEGES zum Umbau des Autobahndreiecks Funkturm statt, in der die gesammelten und ausgewerteten Fragen und Hinweise der Bürgerinnen und Bürger die Grundlage bildete.

Zudem wurden der Themenschwerpunkt „Grundzüge der Planung“ von Prof. Dr.-Ing Christian Lippold, TU Dresden und weitere Themen wie Umweltschutz, Denkmalschutz, bauzeitliche Verkehrsführung von Experten vorgestellt und mit den Teilnehmern detailliert diskutiert und zahlreiche Fragen beantwortet.

Vor und während der Themenwerkstatt wurden Hinweise und Forderungen für Planungsalternativen der DEGES zwecks Prüfung übermittelt:

  • Hauptverkehrsführung im Stadtstraßennetz nicht über die Jafféstraße, sondern weiterhin über die Masurenallee
  • A 115 entlang der Siedlung Eichkamp nicht in Hochlage
  • Anschlussstelle Messedamm nicht in Nähe Eichkampsiedlung

Bereits im April 2020 legte die DEGES ein Konzept für eine alternative Planungsvariante vor und mit den von der Planung direkt Betroffenen diskutiert.

Der Bürgerprotest hat etwas bewirkt. Die DEGES hat auf die deutlichen Beschwerden der Anwohner und des Bezirksamtes reagiert.

Die neuen alternativen Planungen zum Umbau des AD Funkturm finden einerseits überwiegend eine positive Zustimmung, andererseits wurden sie teils kritisch zur Kenntnis genommen. Mit allen Betroffenen wurde beschlossen die „Variante für die Stadt“ als Kompromisslösung planerisch weiter zu verfolgen.

In Alt-Westend herrschen gemischte Gefühle. Das Kiezbündnis Klausenerplatz befürchtet für das Quartier durch die Schließung zahlreicher Anschlussstellen deutlich mehr innerstädtischen Verkehr. Das Kiezbündnis kritisiert die in den 1950er-Jahren geplante Autobahnschneise durch Charlottenburg – Autobahndreieck, Westendbrücke und Rudolf-Wisselbrücke durch Überdeckelung der Autobahn zwischen der Knobelsdorff- und Kaiserdammbrücke zu schließen

Die Senatsverwaltung hat daraufhin die DGES mit einer Machbarkeitsstudie zur Überdeckelung beauftragt. Eine Überdeckelung würde nicht nur vor Abgasen schützen und zur Verbesserung des Stadtklimas beitragen, sondern auch für mehr Stadt- oder auch Parkfläche sorgen. Erste Ergebnisse sollen Ende 2020 vorliegen.

Die 2. Themenwerkstatt ist bereits geplant für den Dezember 2020 auf der die alternative Planung ggf. als neue Vorzugsvariante vorgestellt und die weiteren Randbedingungen und Auswirkungen mit Anwohnerinnen und Anwohnern sowie anderen Interessierten diskutiert werden soll.

In der Machbarkeitsstudie wird die technische und finanzielle Realisierung einer Überdeckelung geprüft. Stadtplanerische Konzepte für die Nutzung der Deckeloberfläche sind nicht Bestandteil der Studie. Eine Fertigstellung der Machbarkeitsstudie wird im März 2021 erwartet.

Eine Einleitung des Planfeststellungverfahrens wird frühestens im 1. Halbjahr erfolgen, ein Baubeginn voraussichtlich Ende 2023 bzw. 2024

Volker Kock